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Positionspapier zur Entwicklung des Landes Berlin

Zehn Politikfelder sind für den BBV und ABID besondere wichtige Bausteine zur Fortentwicklung der Stadt



 
Ein gemeinsames „Positionspapier zur Entwicklung des Landes Berlin“ hat der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland e.V. (ABiD) und der Berliner Behindertenverband e.V. (BBV) an die drei Parteien SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen geschickt. Hierin fordern die beiden Verbände ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Stadt zu einer barrierearmen Metropole. Zudem stecken sie zehn wichtige Politikfelder ab, die bei den laufenden Verhandlungen zum Koalitionsvertrag berücksichtigt werden sollten. Die zehn Punkte sind folgende:
1. Arbeitsgruppen „Menschen mit Behinderung“ in den Senatsverwaltungen
Die Arbeitsgruppen „Menschen mit Behinderung“ basieren aktuell auf Selbstverpflichtungen der jeweiligen Senatsressorts. Dies führte in den letzten Jahren dazu, dass einige Arbeitsgruppen funktionierten andere jedoch nicht. Siehe hierzu auch Drucksache 17/18 540.
Wir bedauern dies und regen daher an, eine rechtliche Verankerung der Arbeitsgruppen in die Struktur der Berliner Verwaltung umzusetzen. Der Berliner Senat sollte die Arbeitsgruppen für Menschen mit Behinderungen daher im LGBG gesetzlich absichern. Dabei sollten alle Senatsverwaltungen eine oder mehrere Arbeitsgruppen für den gesamten Geschäftsbereich ihrer Senatsverwaltung einrichten und einen verbindlichen Sitzungsrhythmus der Arbeitsgruppen vorgeben.                                                                             IMG_4882-1 Kopie
 Der Ausbau Berlins zu einer barrierearmen Metropole, ist für Dr. Seifert (ABiD) extrem wichtig.
 
2. Barrierefreie City-Toiletten
In Berlin gibt es derzeit ein funktionierendes System an barrierefreien City-Toiletten. Wovon 172 durch die WALL AG betrieben werden. Wir setzen uns dafür ein, dass dieses funktuionierende System beibehalten wird und unterstützen in diesem Zusammenhang die „Resolution gegen den geplanten Rückbbau von City-Toiletten“ vom 08. Juli 2017, die vom Landesbehinderten-beauftragten für Menschen mit Behinderung im Land und in den 12 Bezirken und dem Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen einstimmig getragen wurde. Daher: Machen Sie in den Koalitionsverhandlungen klar, dass es hier keine Rückschritte oder Verschlechterungen geben wird.
3. Rechtliche Rahmenbedingungen
Die UN-BRK muss auch im Land Berlin endlich umgesetzt werden. Bisher sind wichtige Gesetzesvorhaben noch nicht angegangen worden.
Es ist daher wichtig, dass zeitnah ein Artikelgesetz zur Umsetzung der UN-BRK im Land Berlin verabschiedet wird. Dies sollte als Handlungsauftrag mit hohem politischen Stellenwert in den Koalitionsvertrag und mit einer zeitlichen Festlegung aufgenommen werden. Mit dem Artikelgesetz sollte das Abgeordnetenhaus außerdem in weiteren Gesetzen und Verordnungen wesentliche Weichenstellungen für die Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Berlin treffen.
4. Behindertenpolitische Leitlinien
Wir begrüßten es, dass der Berliner Senat – zuletzt im Mai 2015 – Behindertenpolitische Leitlinien verabschiedete. Die Diskussion um die Einführung eines Bausachverständigen für Barrierefreiheit (Kapitel 2) im Rahmen der erfolgten Novellierung der Berliner Bauordnung zeigte jedoch mehr als deutlich auf, dass ein zeitlicher Rahmen unabdingbar ist. Daher würden wir es begrüßen, wenn die Behindertenpolitischen Leitlinien mit einer  Konkretisierung mit kurz- und mittelfristigen Maßnahmen und einer zeitlichen Vorgabe zur Umsetzung der UN-BRK unterlegt werden würden. Dafür sollte der Senat Zuständigkeiten innerhalb der Verwaltung und Zeitfenster zur Umsetzung der Maßnahmen bis 2020 festlegen. Die oder der LfB sowie Menschen mit Behinderungen sind in den Prozess einzubeziehen. Außerdem sind die Bezirke und Menschen mit Behinderungen und deren Gremien zu beteiligen.
 
Adrian Baldacci (links.) und Suzanna Kuhlemann. Modedesignerinnen.
Für Dominik Peter (Vorsitzender des Berliner Behindertenverbands) ist Behindertenpolitik eine Querschnittsaufgabe.
5. Querschnittsaufgabe
Die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen und die Umsetzung der UN-BRK im Land Berlin ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Senatsverwaltungen betrifft. Daher wäre es wünschenswert, dass die Staatssekretärskonferenz der Berliner Senatsverwaltungen sich regelmäßig mit der UN-BRK und ihrer Umsetzung befasst, um den politischen Handlungsauftrag der Berliner Verwaltung zu stärken. In diesem Zusammenhang wäre auch wünschenswert, die Einrichtung von Koordinierungs- und Kompetenzstellen (Focal Points) gemäß Artikel 33 UN-BRK im LGBG zu verankern. Alle Senatsverwaltungen sollten eine Koordinierungs- und Kompetenzstelle als Ansprechperson für die Belange und Rechte von Menschen mit Behinderungen einberufen und dies deutlich kommunizieren. Diese sollten zudem regelmäßig tagen und sich untereinander austauschen.
Der Senat sollte die Kompetenzen der oder des LfB als Schnittstelle zur Zivilgesellschaft im LGBG ausbauen und hierfür die notwendigen Personal- und Sachmittel vorsehen.
6. Arbeit
Um die Integration von Menschen mit Unterstützungsbedarf in den Arbeitsmarkt zu fördern, ist es wichtig und sinnvoll, die Umsetzung des Budgets für Arbeit als Teil des Berliner Aktionsplans umzusetzen. Dabei muss der Devise gefolgt werden, dass die Ausrichtung des Budgets am individuellen Bedarf festgemacht wird. Nur dadurch werden sich die Chancen einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachhaltig realisieren lassen. Zudem ist darüber nachzudenken, die Fördermöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt zu verbessern. Dies sollte mit zusätzlichen Maßnahmen flankiert werden, damit die Anreize behinderte Menschen zu beschäftigen, erhöht werden.
7. Schule
Mit Beginn des Schuljahres 2016/2017 starten in Berlin sechs Inklusive Schwerpunktschulen. Derzeit sind insgesamt 36 Schulen geplant. Daher ist es enorm wichtig, eine Gleichstellung der Schwerpunktschulen bezüglich der personellen materiellen Ausstattung den Förderzentren zu verwirklichen.
8. Wohnen
Der Bedarf an barrierefreien und bezahlbaren Wohnungen ist anerkannt. Die neue Bauordnung wird den Fehlbestand auf mittel- und langfristig nicht abbauen können. Daher müssen in diesem Bereich verstärkt über weitere Strategien nachgedacht werden.
Hilfreich wäre auch eine Kontakt- und Bratungsstelle für Menschen mit Beeinträchtigungen. Dies hat der BBV der Politik (Senator Geisel) in der jüngeren Vergangenheit vorgeschlagen. Bisher ohne Erfolg. Wir glauben jedoch nachwievor, dass eine derartige Beratungsstelle – angesiedelt beispielsweise beim Berliner Behindertenverband – für beide Seiten Vorteile hätte.
9. Mobilität
Berlin braucht ein leistungsstarkes Nahverkehrsnetz, dessen barrierefreier Ausbau im Fokus stehen muss. Derzeit gibt es allerdings im Land Berlin noch ein weißer Fleck: Taxen. Es kann nicht angehen, dass dieser Baustein ausgenommen bleibt. Daher fordert der BBV eine mittelfristige Realisierung von Inklusionstaxen.
10. Investitionen
Das Land Berlin sollte ab sofort, seine Investitionen an Barrierefreiheit koppeln. Sowohl kleine als auch größere Förderungen solllten ebenfalls an die Herstellung von Barrierefreiheit gebunden werden.
Im Anschreiben an die drei Parteien machten Dominik Peter (Vorsitzender des Berliner Behindertenverbands e.V.) und Dr. Ilja Seifert (Bundesvorsitzender des Allgemeinen Behindertenverbands in Deutschland e.V.) deutlich, dass der Koalitionsvertrag ein deutliches Bekenntnis abgeben sollte, Berlin zu einer barrierefreien Metropole auszubauen. „Dies sei man den 600.000 Menschen im Land schuldig, die eine anerkannte Schwerbehinderung haben“, so Dominik Peter.

Behindertenbericht vom Senat beschlossen

von: Berliner Behindertenzeitung
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Gesundheits- und Sozialsenator Mario Czaja hat den Behindertenbericht 2015 vorgelegt, den der Senat nunmehr beschlossen hat.
 
Der Anteil von Menschen mit Behinderung an der Gesamtbevölkerung im Land Berlin ist weiter gestiegen. Lebten am 31. Dezember 2010 noch rd. 580.000 Menschen mit Behinderung in Berlin, so waren es am 31. Dezember 2014 bereits rd. 605.000 Menschen mit Behinderung. Dies geht aus dem von Gesundheits- und Sozialsenator Mario Czaja vorgelegten Behindertenbericht 2015 hervor, den der Senat beschlossen hat.
Ein Anstieg gegenüber dem vorangegangenen Berichtszeitraum („Behindertenbericht“ 2011) ist auch bei Menschen mit festgestelltem Grad der Behinderung von 50 und mehr festgestellt worden. Waren es am 31. Dezember 2010 noch 399.645 Personen, so lebten am 31. Dezember 2014 bereits 407.802 Menschen mit Behinderungen in Berlin.

Nach § 11 des Landesgleichberechtigungsgesetzes ist der Senat zu einer regelmäßigen Berichterstattung über die Situation von Menschen mit Behinderungen an das Abgeordnetenhaus verpflichtet. So informiert der Bericht 2015 darüber, wie weit das Land Berlin seinem Ziel näher gekommen ist, gleichwertige Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung gemäß Artikel 11 der Verfassung von Berlin erreicht zu haben. Insbesondere wird die Umsetzung der vom Senat im Juni 2011 beschlossenen „10 Behindertenpolitischen Leitlinien des Landes Berlin zur nachhaltigen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bis zum Jahr 2020“ dargestellt.

Senator Czaja: „Seit 2011 konnte durch eine Fülle von Maßnahmen viel auf dem Weg zur Angleichung der Lebensverhältnisse erreicht werden. Unsere oberste Maxime ist und bleibt die Förderung der Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Leben in der Gesellschaft. So sind wir in Bezug auf das Recht der Menschen mit Behinderungen, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, ein weiteres Stück vorangekommen. Die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen in den Behörden der Berliner Verwaltung hat sich weiter verbessert. Der Senat kommt damit nicht nur seiner rechtlichen Verpflichtung nach, sondern auch seiner sozialpolitischen Verantwortung. Die Quote der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in den Behörden der Berliner Verwaltung lag in den Jahren 2011 bis 2013 durchschnittlich zwischen 8,18 Prozent und 8,42 Prozent. Die Pflichtquote liegt bei 5 Prozent.

Der Behindertenbericht gibt einen umfassenden Einblick in die Maßnahmen und Aktivitäten des Senats zur Weiterentwicklung der Barrierefreiheit im Land Berlin. Hierbei ragen insbesondere die zur Herstellung eines gleichberechtigten Zugangs zur Umwelt heraus. Die Belange hörbehinderter bzw. gehörloser Menschen finden zunehmend Beachtung. So werden Gebärdensprachdolmetscher/innen eingesetzt, aber auch Gebärdensprachkurse für Mitarbeiter/innen einzelner Projekte angeboten. Die technischen Möglichkeiten zur Erreichbarkeit von Polizei und Feuerwehr wurden verbessert, um hörbehinderten oder gehörlosen Menschen in Notsituationen den Zugang zu ermöglichen.
Auch Dokumente und Bescheide werden blinden und sehbehinderten Menschen zunehmend häufiger, meist jedoch auf Antrag in Brailleschrift zur Verfügung gestellt.

Zur Entwicklung des gemeinsamen Unterrichts von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung sowie den Zielsetzungen der Umsteuerung der sonderpädagogischen Förderung in Berlin vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention werden Maßnahmen aus dem Eckpunktepapier „Auf dem Weg zur inklusiven Schule“ dargestellt, die bereits schrittweise umgesetzt werden. So werden unter anderem insgesamt 13 schulpsychologische und inklusionspädagogische Beratungs-und Unterstützungszentren eingerichtet: eins pro Bezirk und eins für die zentralverwalteten Schulen.

Einen eigenen Abschnitt im Bericht bildet eine zusammenfassende Darstellung aus den Berliner Bezirken, in der diese auf einige von ihnen vorausgewählte Inhalte der „10 Behindertenpolitischen Leitlinien des Landes Berlin zur nachhaltigen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention bis zum Jahr 2020“ Bezug genommen haben.

Abschließend wird im Bericht hervorgehoben, dass die sukzessive Umsetzung der UN- Behindertenrechtskonvention im Land Berlin in den nächsten Jahren im Zentrum der Behindertenpolitik des Senats stehen wird. Die erforderlichen Strukturen zur Umsetzung der Konvention sind geschaffen und werden in den kommenden Jahren in ihrer Aufgabenwahrnehmung etabliert, gestärkt und weiterentwickelt werden. Dies gilt insbesondere für die Koordinierungs- und Kompetenzstellen der einzelnen Senatsverwaltungen.

Der Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderung und ihrer Teilhabe in Berlin wird jetzt dem Abgeordnetenhaus zugeleitet.
„Ich kann ja verstehen, dass man die positiven Entwicklungen in den Vordergrund stellen möchte. Doch eine Medaille hat ja bekannter Maßen immer zwei Seiten. Die Schattenseite oder besser gesagt, die Bereiche ohne Fortschritte, werden wir in den kommenden Wochen thematisieren müssen“, so Dominik Peter (Vorsitzender des Berliner Behindertenverbands).
Der ABiD ist ein Zusammenschluss behinderter Menschen, ihrer Angehörigen und Freunde, unabhängig von der Art der Behinderung. Die Hilfe zur Selbsthilfe erfolgt unabhängig von Verbandszugehörigkeit.
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